Schlagwort: Flucht

Klima (Woche 38)

Der Klimawandel war auch in dieser Woche kaum eine Meldung wert. Doch er macht genauso wenig Halt, wie die Flüchtlingsströme. Klimawandel und Flüchtlinge haben eines gemeinsam: Sie kommen unausweichlich. Schon lange ist klar, dass der Klimawandel extremes Wetter bringen wird und dass die reichen Länder zunehmend mehr Flüchtlinge beherbergen werden. Und das offenbar schneller als gedacht.

Düne mit wartenden Menschen

Trockenheit. Foto: Neubert

August 2015 war weltweit der zweitwärmste August seit 1880. Noch wärmer war dieser Monat nur im vergangenen Jahr. Doch die eigentlichen Wärmerekorde dieses Jahres brachten die Monate Januar mit 0,81 Grad und Februar mit 0,88 Grad über dem gobalen Mittelwert der Jahre 1951 bis 1980. Es sieht so aus, dass 2015 ein neuerliches wärmstes Jahr seit der Industrialisierung wird[1].

Mehr noch: Im Juni war die kritische Marke von 400 ppm CO2 überschritten, eine Marke, die die Politik eigentlich nicht überschreiten wollte, um das Zwei-Grad-Ziel nicht zu gefährden (ppm = Anteile pro Million anderer Teile).

Regen und Wasser. Foto: Neubert

Regen und Wasser. Foto: Neubert

Damit nicht genug: Der Erde steht jetzt noch das natürlich Klimaphänomen El Niño bevor. Eintreten wird es wohl zwischen dem kommenden Oktober und Januar. Veränderte Meeresströmungen verursachen dann eine starke Erwärmung des Ozeans auf beiden Seiten des Äquators. Die Folge: Länder am westlichen Rand des Pazifik werden Dürren erleben, während Peru und Chile mit extremen Regenfällen rechnen müssen. Beides wird erneut Menschen dazu veranlassen, sich auf die Suche nach einem besseren Platz auf der Erde zu begeben, einem besseren Leben.


[1] GLOBAL Land-Ocean Temperature Index der Nasa. http://data.giss.nasa.gov/gistemp/tabledata_v3/GLB.Ts+dSST.txt

Was in der vergangenen Woche wichtig war

Was es aus Wissenschaft und Technik in der Woche 37/2015 nicht auf die Titelseiten schaffte, aber es wert ist darüber zu berichten. Klima ist dabei natürlich ein Dauerthema. Der „Sternmensch“, Homo naledi, hat es immerhin ausführlich auf die Wissenschaftsseiten gebracht. Für die Individualität von Nanopartikeln gilt dies nicht, auch wenn es Konsequenzen für ihre Anwendung hat. Und dass Tabak wenigstens Kulturgeschichte schreibt, kann man immerhin auch als gesellschaftlichen Verdienst von Rauchern sehen.


Klima

Das Thema „Klimawandel“ ist eigentlich ein Dauerthema und jeden Tag, jede Woche wichtig. Gerade auch jetzt, wo Flüchtlinge, Willkommenskultur und Fremdenfeindlichkeit die Titelseiten beherrschen. Genauso wie die Völkerwanderung aus Kriegsgebieten ins reiche Europe vorhersehbar waren, genauso ist vorhersehbar, dass schon bald auch zunehmend mehr Klimaflüchtlinge die Festung Europa stürmen und erobern werden. „Klimabedingte Flucht ist ein weitgehend unterschätztes Phänomen. Wir sprechen von Millionen“, sagte der Völkerrechtler Walter Kälin kürzlich in einem Interview[1].

Die Fakten liegen in zahlreichen Forschungsergebnissen auf dem Tisch. Besonders jetzt vor dem Klimagipfel in Paris im kommenden November, hat die Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichung noch einmal zugenommen. Niemand kann heute mehr sagen, er hätte es nicht gewusst.

Dennoch geht der Ausstoß des wichtigsten Klimagases, das die Menschheit beeinflussen kann, munter weiter. Die CO2-Konzentration lag an der Standard-Messstation Mauna Loa auf Hawaii in Woche zwischen dem 30. August und dem 6. September mit durchschnittlich 398,49 ppm um 2,37 ppm über dem Wert des Vorjahres im gleichen Zeitraum. „ppm“ bedeutet, „parts per million“, also ein Molekül CO2 auf eine Million anderer anderer Luftmoleküle. Das ist ziemlich viel, betrug ihr Anteil in vorindustrieller Zeit, also vor etwa 1850, doch nur rund 280 ppm. Beim Weltkongress in Rio im Juni 1992 waren es dann es schon 364 ppm. Um das politische Zwei-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent einzuhalten, müsste die Konzentration unter 400 ppm bleiben. Das war im Juni 2015 aber bereits überschritten. Mehr dazu bei CO2Now.


Atmospheric CO2 data


Homo naledi

Skelett Homo naledi (Photo by John Hawks/University of Wisconsin-Madison)

Skelett Homo naledi (Photo by John Hawks/University of Wisconsin-Madison)

Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte das Fachblatt eLife die Entdeckung einer neuen Menschenart. Die Forscher um Lee R. Berger tauften sie „Homo naledi“[2].

In einem Höhlensystem namens „Rising Star“ in Südafrika fanden die Wissenschaftler 1550 Knochenstücke, die sie 15 Individuen zuordnen konnten. „Naledi“ heißt auf Sesotho „Stern“. Noch weiß man nicht genau, wann dieser 1,50 Meter große, 45 Kilogramm leichte und mit einem orangengroßen Gehirn ausgestatte Verwandte gelebt hat.


Jedes Nanopartikel ist einzigartig

Nanopartikel derselben Größe, aus demselben Material und mit derselben Form können dennoch sehr äußerst verschiedenen Eigenschaften haben. Zumindest gilt das erst einmal für Partikel, die Wasserstoffgas binden. An ihnen wird geforscht, weil sie in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer sicheren Wasserstoffzukunft spielen sollen, beispielsweise beim Transport und der Lagerung von Wasserstoff, für bessere Katalysatoren oder in Brennstoffzellen und als besonders empfindliche Sensoren.

Doch alle Nanopartikel weisen von Beginn an verschiedene Fehler in ihrem Atomgitter auf, die sie für eine Anwendung mehr oder (meist) weniger geeignet machen.

Entdeckt haben diese unerwünschten Eigenschaften Forscher um Christoph Langhammer von der Chalmers Universität in Göteborg, Schweden. Denn mit den herkömmlichen mikroskopischen Methoden sind die Fehler in den Partikeln nicht erkennbar. Die Wissenschaftler untersuchten stattdessen das Verhalten von Plasmonen. Was das Photon für die Messung elektrischer Schwingungen ist, ist ein Plasmon für die Messung von Schwingungen in einem atomaren Metallgitter. Sie werden als elementare Quasiteilchen bezeichnet, deren Verhalten Auskunft über die Ladungsträgerdichte in Halbleitern, Metallen und Isolatoren gibt[3].


Tabak historisch

Buchveröffentlichung: An der Kulturgeschichte des Tabaks lassen sich soziale und kulturelle Veränderungen in Europa und der Welt nachzeichnen. Auf die Idee muss man erst einmal kommen.

Im 16. Jahrhundert gelangte Tabak als „braunes Gold“ in die vornehmen Kreise Europas. Von da an sollte das nikotinhaltige Pflanzenprodukt die „Genusskultur“ vieler Menschen über Generationen hinweg bestimmen. Ab dem Ende des 20. Jahrhunderts wurde Tabak dann zunehmend stigmatisiert und als gesundheitliches Übel der Moderne dargestellt[4].


[1] KÄLIN, Walter im Interview: Wir sprechen von Millionen. Akzente 3/2015, Das Magazin der GIZ, S. 25.

[2] BERGER, Lee R, et.al. (2015): Homo naledi, a new species of the genus Homo from the Dinaledi Chamber, South Africa. eLife 2015;4:e09560, DOI: http://dx.doi.org/10.7554/eLife.09560, http://elifesciences.org/content/4/e09560.full

[3] KARLSSON-OTTOSSON, Ulla (2015): Forskare avslöjar: Varje nanopartikel är unik. Ny Teknik 2015-09-07 http://www.nyteknik.se/nyheter/innovation/forskning_utveckling/article3928261.ece

[4] JACOB, Frank; Gerrit Dworok (Hrsg. 2015):  Tabak und Gesellschaft. Vom braunen Gold zum sozialen Stigma. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2015, 406 Seiten, Band 1 der Reihe „Wissen über Waren – Historische Studien zu Nahrungs- und Genussmitteln“, 78,00 Euro, ISBN 978-3-8487-1628-9.